Wenn man es hört, ist es zu spät: Ein abgerissenes Ventil hinterlässt in einem Alu-Zylinderkopf hässliche Spuren. Verloren ist er deswegen noch nicht. Irgendwann ist es zu viel. Die Kettenreaktion ist nicht mehr aufzuhalten, und die Zerstörung nimmt ihren Lauf. Es beginnt meist völlig harmlos. Fast immer spiel das Öl eine Rolle, vielleicht war es zu wenig oder von schlechter Qualität. Unmerklich läuft erst die Nockenwelle ein, der Kipphebel gewinnt in unzulässigem Maße Spiel und wird in der Bearbeitung des Venntils nachlässig. Ohne das rhythmische Stakkato jedoch kommt dieses aus dem Takt. Was passiert, wenn es ein Eigenleben entwickelt?
Es könnte sein, dass es sich einem unerbittlich aufwärts strebenden Kolben in den Weg stellt. Der schlägt dann zu, ein erstes Mal – wie ein taumelnder Boxer nimmt das Ventil den nächsten Schlag. Und weitere folgen. es wird krumm, bis es schließlich bricht. Die Einzelteile sind dem Kolben im Weg. Er zerbröselt sie, und die Fragmente lassen selbst die harten Ventilsitzringe brechen. Dann geht das Inferno los – und nicht nur im betroffenen Zylinder: via Ansaugtrakt können sich die Metallteile ihren Weg in andere Zylinder bahnen.
Nach der Demontage sehen viele dieser Fälle hoffnungslos aus. Ausgewiesene Motorenprofis wissen jedoch oft einen Weg, die Zerstörungen durch Aufschweißen und eine Neubearbeitung wieder zu sanieren.
Für eine dauerhafte Reparatur sind verschiedene Punkte zu beachten. Vor Beginn der Arbeiten wird der Kopf gereinigt und gestrahlt, anschließend egalisiert eine Fräse alle Grate. Besonders wichtig ist das langsame Erhitzen des Metalls in einem Ofen auf rund 180 Grad. Speziell Aluminiumlegierungen reagieren empfindlich auf Temmperaturdifferenzen, wie sie beim Schweißen auftreten.
Das Schhweißen selbst erfolgt in zwei Schritten. Zunächst wird die beschädigte Fläche verschmolzen. Ältere Aluminiumlegierungen, die über einen geringeren Siliziumanteil als neuzeitliche Köpfe verfügen, bereiten dabei mehr Probleme. Schweißer ohne Erfahrung verzweifeln schnell: Ständiger Druck und Hitze haben Öl und Verbrennungsrückstände über Jahre in das Gussmaterial eingebrannt. Beim Schweißen spült es sie wieder an die Oberfläche – teilweise schäumen die Zylinderköpfe dabei sogar.
Vor dem Auftrag des neuen Aluminiums wird die verschmolzene Fläche gründlich mit einer Stahlbürste von den Ablagerungen gereinigt. Schicht für Schicht wächst dann die Schadstelle in die Höhe.
Eine weitere Herausforderung beim Schweißen ist die Wahl der richtigen Temperatur, die über die Stromstärke bestimmt wird. Sie hängt von der Legierung ab. Wird das Metall heiß, schmilzt die Struktur zusammen und zerstört so unter Umständen Wasserkanäle.
Ebernso wichtig wie das langsame Aufheizen ist das kontrollierte Abkühlen des Kopfs. Erst dann kann die Weiterverarbeitung folgen: Eine spezielle Maschine fräst die Aufnahmen für die Ventilsitzringe, die Brennräume werden neu modelliert. Neue Ventilsitze und Ventilführungen bereiten den Kopf auf seine Arbeit vor.
Das Abpressen des reparierten Kopfs in heißem Wasser zeigt noch versteckte Undichtigkeiten – bei altem Guss ist das nicht selten. Dann muss nachgeschweißt werden. Nach dem Planen der Dichtfläche bleibt ein letzter wichtiger Vorgang: Die gründliche Reinigung. Ohne sie wäre der nächste Schaden schon jetzt programmiert.
Tipps & Adresse Ob es sich lohnt, einen kapitalen Schaden an einem Aluminium-Zylinderkopf reparieren zu lassen, lässt sich nur im Einzelfall entscheiden. Dazu ist eine Demontage des Teils unerlässlich: Erst so zeigt sich, wie tief der Schaden wirklich reicht. Zudem stellt sich die Frage, ob noch Ersatz verfügbar ist – und was dieser kostet. Für die Reparatur des hier agezeigten Sechszylinder-Mercedes-Zylinderkopfs verlangt EGU Motorentechnik in Waiblingen (Telefon 0 71 51/56 18 18, www.egumotoren.com) rund 500 Euro, die Hälfte des Neupreises. Auf die Reparatur gibt es ein Jahr Garantie.
Auf jeden Fall sollte der ausführende Betrieb über ausreichend Erfahrung mit dem Schweißen von Zylinderköpfen verfügen und sorgfältig arbeiten: Schnell ist das angelieferte – und vielleicht extrem rare – Teil unrettbar zerstört. Besondere Probleme sollen BMW-Köpfe aus Leichtmetall bereiten. Sie fordern außergewöhnlich geduldige und erfahrene Schweißer. Quelle: MOTOR KLASSIK 12/2003 Autor: Thomas Wirth
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